Sonderausstellungen

"Bilder zur Bartholomäusnacht 1572"

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Philippe Richelle / Pierre Wachs: Les Guerriers de Dieu, Tome 5, Le Massacre de la Staint-Barthélemy, Grenoble 2019
Philippe Richelle / Pierre Wachs: Les Guerriers de Dieu, Tome 5, Le Massacre de la Staint-Barthélemy, Grenoble 2019

ab dem 14. April 2023

Ähnlich wie bei der Erzählung von Geschichte, so bewegt sich auch deren Darstellung in Bildern immer zwischen dem Erfassen eines historischen Geschehens auf der einen Seite und dessen Interpretation durch die jeweils Darstellenden auf der anderen.

Wie die Ausstellung dokumentiert, waren es vor allem die im Deutschen als "Bartholomäusnacht" berühmt gewordenen Ereignisse, die stellvertretend für die religiösen und politischen Konflikte des damaligen Frankreichs Eingang in ein breites historisches Gedächtnis fanden. Nicht zuletzt ihr Potential als schauerlich-tragischer Stoff dürfte dazu beigetragen haben. Der hier enstehende Überblick einer 450-jährigen Erinnerungsgeschichte zeigt, wie sich die unterschiedlichen Anliegen der jeweils Rückblickenden und somit deren Sichtweisen auf das Geschehen langfristig verändert haben.

Die Parteinahme in der konfessionellen Auseinandersetzung durch das Bild zum Zweck der Propaganda war lange das vorherrschende Bedürfnis der Darstellungen von protestantischer wie auch katholischer Seite und reichte weit über die Zeitgenossen des Geschehens hinaus. Ihre häufig durch die Mittel der christlichen Ikonografie ausgedrückte Anteilnahme sollte nur sehr langsam einer größeren Distanz Platz machen und auch dann noch lange Bestandteil eines identitätsstiftenden Erinnerungs-Kanons bleiben.

Dem 19. Jahrhundert bot die Bartholomäusnacht dankbare Vorlagen für die Vorliebe, Geschichte in dramatischen Einzelszenen wachzurufen. Doch konnte ihr Andenken inzwischen auch gut zu Werbezwecken dienen. Und bis heute beweist die "Pariser Bluthochzeit" ihre Anschlussfähigkeit, wenn Katharina von Medici als Comic-Schurkin - mit zugekniffenem Blick und diabolischem Lächeln - dem stattfindenden Morden von oben herab zuschaut.

 

Jan Luyken (1649-1712)/Caspar Luyken (1672-1708): De Mort van Parys [...], 1696
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Édouard Bernard Debat-Ponsan (1847-1930): Un matin devant la porte du Louvre, 1880
Édouard Bernard Debat-Ponsan (1847-1930): Un matin devant la porte du Louvre, 1880

Das Wissen um das historische Geschehen bleibt so zwar erhalten, aber gleichzeitig wird dieses zum Gegenstand verschiedener Genres, die in ihren Perspektiven und Rollenverteilungen ganz eigenen Regeln folgen. Dennoch gibt es Charakterisierungen, die sich übergreifend fortsetzen: ob dies Katharinas Erscheinung als böse "schwarze Witwe" betrifft oder Isabelle Adjanis Verkörperung der schönen "Margot" in einer Dumas-Verfilmung der 90er Jahre.

Über ihre geschichtliche und religiöse Bedeutung im engeren Sinne hinaus ist die "Bartholomäusnacht" so zum Teil eines allgemeinen Geschichtswissens geworden. Sie gehört zum Fundus einer populären Erzähl- und Unterhaltungskultur, die gerade vom freizügigen Umgang mit ihren historischen Stoffen lebt und so deren Bekanntheit  weiterhin ermöglicht.

 

 

Die Sonderausstellung "Bilder zur Bartholomäusnacht 1572" geht zurück auf eine Kooperation mit dem deutschen hugenottenmuseum bad karlshafen